15. Dezember 2020

Ein Revolutionär des Kunsthandwerks

Zum 150. Geburtstag
von Josef Hoffmann

 

Josef Hoffmann (1870‒1956) stammte aus einer gut situierten Familie aus dem kleinen mährischen Ort Pirnitz im damaligen Österreich-Ungarn. Nachdem seine schulischen Leistungen nicht den Vorstellungen seiner Eltern entsprachen und eine Ausbildung für den Staatsdienst nicht mehr infrage kam, erlaubten sie ihm, an die Kunstgewerbeschule in Brünn zu gehen, um das Baufach zu erlernen.

Nach dieser Ausbildung, einer kurzen Arbeitszeit beim Militärbauamt in Würzburg und einem Aufenthalt in der Heimat entschied sich Hoffmann, an der Akademie der bildenden Künste in Wien Architektur zu studieren. Bereits in seinen ersten Jahren an der Akademie etablierte sich ein Kreis junger Künstler, die weg vom Althergebrachten und dem Kopieren alter Stile hin zu eigenständigen und neuen Formen gelangen wollten.

In seinem vierten Studienjahr zog es Hoffmann nach Italien, um dort die antike Baukunst zu studieren. Nicht nur die Formensprache der Tempel prägte ihn sehr, sondern vor allem auch die ländliche Bauweise, die dem Material und dem Zweck entsprach.

 

Als Hoffmann nach einem Jahr zurückkam und seine Unzufriedenheit ihren Höhepunkt erreichte, spaltete sich eine Gruppe um Gustav Klimt (1862‒1918) von der Akademie ab und gründete die Wiener Secession, aus welcher der berühmte Wiener Jugendstil entstand. 1903 ging daraus die Wiener Werkstätte hervor, die von Josef Hoffmann, Koloman Moser (1868–1918) und Fritz Waerndorfer (1868–1939) als Mäzen gegründet wurde. Ihr Ziel war es, das Kunsthandwerk durch einen höheren Aufwand und somit qualitativ hochwertigere Objekte zu revolutionieren, wobei sich ihre vielfältigen Produkte großer Beliebtheit erfreuten und schnell einen hohen Absatz fanden.

 

Ab 1899 leitete Hoffmann die Architekturklasse der Kunstgewerbeschule in Wien. Er arbeitete in fast allen Gebieten und mit einer Vielzahl an Materialien, wobei die Architektur immer seine bevorzugte Ausdrucksform blieb. Seine Gebäude waren und sind durch ihre einfache Gliederung des Baukörpers und die streng geometrischen Formen der Innenarchitektur charakterisiert. 1905 begann er eines seiner berühmtesten Werke, das Palais Stoclet in Brüssel.

Etwa zeitgleich entwarf er auch das Sanatorium Punkersdorf und einige Villen auf der Hohen Warte in Wien. Darüber hinaus konzipierte und erbaute er zwischen 1913 und 1915 ein Palais mit Garten für die Familie Primavesi, 1912 das österreichische Ausstellungsgebäude in Rom, 1915 das österreichische Haus für die Kölner Werkbundausstellung und 1925 den österreichischen Pavillon auf der Kunstgewerbeausstellung in Paris.

Dabei sind nicht nur seine architektonischen Meisterwerke von zeitloser Eleganz, sondern auch seine kunstgewerblichen Objekte; so auch das Kelchglas aus dem Gläsersatz „The Patrician“ aus unserer Sammlung Kunsthandwerk & Design, dessen Entwurf er mit der Firma J. & L. Lobmeyr 1917 in Wien realisierte.

Dieses hauchzarte Kelchglas aus Musselinglas wurde in eine Holzform mundgeblasen. Nur die erfahrensten Glasbläser waren in der Lage, solche feinen Formen in die gewünschte Perfektion zu bringen. Die fließenden Konturen mit dem leicht nach außen schwingenden Mundrand verleihen dem Glas und dem gesamten Service eine schlichte Eleganz und machen es zu einem Klassiker, der bis heute produziert wird.

Das vorgestellte Glas befindet sich im Schaudepot unserer Studiensammlung Kunsthandwerk & Design:

Weitere Informationen zur Studiensammlung

Mehr zu Klimt, zur Hohen Warte und zur Primavesi gab es auch in unserer Ausstellung GUSTAV KLIMT:

Weitere Informationen zur Sonderausstellung
„Gustav Klimt“, 2018/19

Am 30. März 2020 haben wir schon einmal in unserem Blog über die Wiener Secession berichtet.

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