28. Mai 2021

Ein extra Schatz im Silberschatz:
Der Becher (u. a.) von Händels Tante

Zum heutigen Start der digitalen Händelfestspiele

 

2021 jährt sich zum 300. Mal die Gründung der königlich-preußischen Saline in der Saalestadt. Aus diesem Anlass findet das diesjährige kulturelle Themenjahr unter dem Motto „Halexa, siede Salz!“ statt. Es ist Teil einer neuen Themenjahresdekade, initiiert vom Museumsnetzwerk Halle (Saale).

Unsere gemeinsam mit der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle veranstaltete Ausstellung „Der Brüderschaft verehret … Der Silberschatz der Halloren“ begleitet dieses Themenjahr.

Weitere Informationen zur Ausstellung

 

Blick in die Ausstellung „Der Brüderschaft verehret … Der Silberschatz der Halloren“, Foto: Marcus-Andreas Mohr

 

Aktuell integriert in die Ausstellung sind ganz besondere Stücke und eines davon passend zum heutigen Start der digitalen Händelfestspiele, die wir hiermit herzlich grüßen!

Händel-Festspiele Digital

 

Ein Dank für die Hilfe in Feuersnot

Der älteste erhaltene Becher der Salzwirker Brüderschaft im Thale zu Halle wurde – gefüllt mit 20 Talern und 12 Groschen – im Jahre 1671 für die Hilfe bei Feuersnot in der Straße Kleinschmieden von 15 halleschen Bürgern gestiftet. Zu den Stiftenden gehört mit „Schweskerin“ auch Barbara Schweißker, geb. Händel (1613–1700), die Tante von Georg Friedrich Händel (1685–1759).

Fünf weitere Becher für die bei Bränden „rühmlich geleistete Hilfe“ kamen in den Jahren 1698, 1712, 1721, 1749 und 1765 hinzu.
 

Der Becher ist ein Zeugnis für vortreffliche Handwerkskunst: Er wurde aus einem Silberstück geschlagen. Der Goldschmied schmiedete zunächst aus einem gegossenen Barren eine Platte. Von dieser schrotete er mit einem Meißel eine kreisrunde Scheibe ab. Diese Ronde wurde auf einem flachen Amboss mit kreisend geführten Hammerschlägen zu einer halbkugligen Form ausgetieft. Anschließend erfolgte das Aufziehen, bei dem die Wandung des Werkstücks auf einem runden Amboss mit dem Bechereisen durch dicht gesetzte Schläge gestreckt und hochgezogen wurde. Die Vollendung der Oberfläche erfolgte durch das Planieren, bei dem mit Feilen und Schabern die Spuren der Hammerschläge beseitigt wurden. Vermutlich kam eine Drehlade, ein Vorläufer der Drehbank, zum Einsatz, was konzentrische Werkspuren am Becherboden verraten. Diese Drehlade half auch, das Profil des durch Stauchung verdickten Lippenrandes zu formen. Der nun vom Meister gemarkte und durch die Beschau geprüfte Becher wurde anschließend teilvergoldet. Hierfür trug der Meister ein aus Gold und Quecksilber bestehendes Amalgam auf die zu vergoldenden Partien auf und verrieb über einem Holzkohlefeuer mit einer Hasenpfote bei etwa 300 Grad Celsius das sich in der Wärme rasch verflüssigende Amalgam. Das Quecksilber verdampfte. Das zurückbleibende Gold bildete eine fest mit dem Silber verbundene Schicht. Die zunächst stumpfe Auflage wurde mit einem Hämatit poliert und einem Polierstahl verdichtet, damit sie hochglänzend strahlte.

Ob die Inschriften vom Leipziger Meister Bose (Caspar Bose d. J.; 1645–1700) in den Becher graviert wurden oder von einem halleschen Stecher, kann nicht gesagt werden. Der Jahresbuchstabe der Beschau datiert die Herstellung des Bechers auf die Zeit zwischen 1669 und 1671. Der Goldschmied Caspar Bose führte die Gold- und Silberwarenmanufaktur des Vaters fort. Die Firma war für den Handel in Sachsen, Polen, Oberungarn und in den preußischen Provinzen privilegiert.

Die von Lorbeerzweigen umrahmten Inschriften benennen die Stifter und die gestifteten Geldbeträge. Es kam eine stattliche Summe zusammen, die größer war, als die legendäre Spende von 4 Talern und 16 Groschen, mit der August Hermann Francke (1663–1727) wenige Jahre später die weltweit bekannten Franckeschen Stiftungen begründete.

 

Die Stifter
 

  • Der erstgenannte Stifter ist Johann Nikolai (1625–1677), der als fürstlich Magdeburgischer Kanzlei- und Kreis-Sekretär in Diensten von Herzog August stand. Er war in der Landesverwaltung für den Niedersächsischen Reichskreis zuständig. Nikolai erwarb 1665 das Bürgerrecht und kaufte ein Haus am Markt in der Nähe des Kühlen Brunnens.
  • Daneben befand sich das Haus des Inhabers der Hirsch-Apotheke und Oberbornmeisters Gabriel Rudolff (1619–1672), der den Halloren den Becher überreicht haben soll.
  • Es folgen der Kannenmacher Andreas Hesa (1653–1723);
  • der Pfänner, späterer Ratskämmerer und auch in Diensten des Herzogs tätige Handelsmanns Johann Dreyßig (1631–1710);
  • die Krämer Johann Hoffmann (1613–1678) und Gottfried Rettel (1630–1684);
  • der Bortenwirker Zacharias Windteisen (1611–1677);
  • der Schneider Paul Hartmann (1628–1705);
  • der Sägenschmied Johann Georg Schmidt („Segen Schmidt“, 1632–1682), bei dem am 6. Juni nachts gegen ein Uhr der Brand ausbrach, der aber bald und ohne größere Folgen für die Bebauung gelöscht werden konnte;
  • der Hutstaffierer Daniel Cämmer (1624–?);
  • der Drechsler Hans Wärnicke (1618–1673);
  • Barbara Schweißker, geb. Händel (1613–1700), die Tante des bekannten Komponisten, die 1667 das Haus in den Kleinschmieden erwarb;
  • Maria Heintze, geb. Steinwitz (1633–1700), Witwe des Leib- und Hofbarbiers sowie Wundarztes Johann Heintze (1608–1671);
  • Dorothea Weber (1626–1703), Witwe des Seilmachers Hans Weber,
  • und der Hufschmied Augustin Dürfeldt (1614–1678).

 

Der Becher ist ein einmaliges Zeugnis für die Pflichten der Salzarbeiter auch außerhalb der Salinen. In Thal- und Feuerordnungen sowie in der von Herzog August 1660 erlassenen Rügegerichtsordnung waren sie zur Hilfeleistung verpflichtet. Andererseits ist er aber auch schlicht ein reiches Zeichen großer Dankbarkeit für Hilfe in der die Existenz bedrohenden Feuersnot.

Zu sehen ist er innerhalb der Ausstellung bis Anfang August 2021.

Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Hallethemenjahre-halle.de