10. Mai 2020

Zum Muttertag

#closedbutopen

 

„Es sind mir drei Dinge wichtig in meinem Leben: daß ich Kinder gehabt habe, daß ich einen solch treuen Lebenskamerad gehabt habe und meine Arbeit.“

Käthe Kollwitz: Briefe der Freundschaft,
München 1966, S. 137

Nicht erst mit der Huldigung aller Mütter durch die Etablierung des Muttertages in den USA im Jahr 1914, sondern beginnend mit der Darstellung Mariens als Muttergottes thematisieren zahlreiche bildende Künstlerinnen und Künstler Mütter und ihren Nachwuchs – sei es aus der Sicht als Mutter (Käthe Kollwitz), als Beobachter der Partnerin mit den gemeinsamen Kindern (Franz Marc, Pablo Picasso, Gerhard Richter) oder als Unbeteiligte (Paula Modersohn-Becker, Egon Schiele), um nur einige Beispiele aus dem 20. Jahrhundert zu nennen.

Auch in den Sammlungen des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) werden sehr unterschiedliche Darstellungen von Müttern und ihren Kindern bewahrt.

Wilhelm Lehmbrucks (1881–1919) Steinguss Mutter und Kind (1917/18) wurde inspiriert vom christlichen Bildmotiv der Pietà. Die Erlebnisse des Ersten Weltkriegs verarbeitend und von einer Depression gequält, schuf er die Büste einer Mutter, deren Kopf leicht zu dem an ihrem Dekolleté liegenden Kopf eines kleinen Kindes geneigt ist. Als trüge sie die Last der Welt auf ihren Schultern, changiert ihre – vom Künstler nur grob ausformulierte - Mimik zwischen Sorge und Trauer.

 

Ein vergleichbares Schutzsuchen und Vertrauen wohnt dem Kind in Johanna Schütz-Wolffs (1896–1965) 1931 geschaffenen Bildteppich Mutter und Kind II inne. Anders als bei Lehmbruck geht der mütterliche Blick jedoch nicht in die Richtung des Kindes, sondern vom Kind in die Ferne.

Die an der halleschen Kunstschule in der Burg Giebichenstein ausgebildete, für die moderne Textilkunst wegweisende Künstlerin war selbst 1925 erstmals Mutter geworden. Seitdem thematisierte sie wiederholt das enge Band zwischen Müttern und Kindern in ihren monumentalen Bildteppichen. 

Wiederum plastisch stellte der Bildhauer und Grafiker Theo Balden (1904–1995) 1963 einen Säugling mit seiner Mutter dar, deren Blick ebenfalls von ihrem Kind abgewandt ist. Ohne Innigkeit, sondern eher wie die plötzliche Reaktion auf etwas, das den mütterlichen Schutzinstinkt unmittelbar zu einer raschen Handlung herausfordert, halten ihre kräftig ausgeformten Hände den Kopf des Kindes eng umfasst.

Obgleich Balden zahlreiche politisch motivierte Plastiken schuf, thematisierte er über einen langen Zeitraum auch immer wieder das Verhältnis von Müttern und Kindern, zumeist jedoch nicht in Terrakotta wie in der hier vorgestellten Plastik, sondern in Bronze und für den öffentlichen Raum.

Eine gänzlich andere, modernere Auffassung der Mutter-Kind-Beziehung wohnt den Frauen und ihren Kindern in Sibylle Bergemanns (1941–2010) gleichnamiger Fotoserie inne: Bereits der Titel lässt erkennen, dass die Frauen, die Bergemann in den 1970er Jahren fotografierte, sich nicht mehr allein als Mütter verstehen, sondern als selbstbewusste Frauen mit eigenständigem Leben, in denen Kinder vielleicht die wichtigste, aber nicht die einzige Rolle spielen. Bergemann erfüllte selbst dieses Rollenbild: Sie war Mutter und zugleich eine der wichtigsten Fotografinnen der DDR. Neben Modefotografien und Aufnahmen, die eher dokumentarischen Charakter haben, schuf sie Portäts, die häufig eine gewisse Melancholie aber auch ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein der Dargestellten ausstrahlen.

 

Auch wenn die Rolle der Frau sich in den letzten 100 Jahren stark verändert hat – die Beispiele zeigen, dass Eines unverändert bleiben wird: Das enge Band zwischen einer Mutter und ihren Kindern.