01. Juli 2020

Forum geht's?

Vor dreißig Jahren verschwanden die
Geldscheine der DDR

 

Fast 20 Jahre lang hatte sie jeder Ostdeutsche in seiner Tasche: Thomas Münzer mit der Mähdrescherbrigade, Clara Zetkin mit der jungen Frau in der Schaltzentrale, Johann Wolfgang von Goethe und die aus der neuen Schule stürmenden Kinder, Friedrich Engels und die Industrieanlage oder den blauen Hunderter mit Karl Marx und dem Berliner Palast der Republik. Zwischen 1973 und 1978 wurden die Scheine zu 5, 10, 20, 50 und 100 Mark ausgegeben. 1985 sollten Nominale zu 200 und 500 Mark folgen. Sie gelangten aber nicht mehr wirklich in den Geldumlauf.

Der Start für das letzte und am längsten umlaufende Papiergeld der DDR war erstaunlich. Selbst das Westberliner Institut für Wirtschaftsforschung stellte 1973 fest, dass die DDR-Mark über mehr Binnenkaufkraft als die D-Mark verfügte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte im Januar 1975 mit der bangen Frage: „Behalten Honecker, Marx und Lenin also Recht? Ist die DDR heute wirtschaftlich stabiler als die Bundesrepublik?“

Den realen Wert dieses Scheingeldes deckt aber die Verrechnungseinheit „Valuta-Mark“ auf, mit der in der DDR die Weltmarktpreise verrechnet wurden. Konnten 1970 für eine Mark der DDR noch 0,537 Valuta-Mark erwirtschaftet werden, sank die Quote 1988 auf nur noch 0,246. Die angebliche Parität 1:1 war ein reiner Etikettenschwindel. Schon 1948 stand der Kurs der Ostmark in Westberlin bei 17 Pfennigen. Außerdem wurde mit diversen Entscheidungen das Vertrauen in das einheimische Geld immer wieder diskreditiert. Die Westmark etablierte sich spätestens in den 1970er Jahren als Zweitwährung. Die 400 Intershop-Läden führten täglich die Zwei-Klassen-Gesellschaft vor Augen. Die Mehrheit der DDR-Bürger wird sich noch an das Synonym „blaue Fliesen“ oder die Frage „Forum geht´s“ erinnern.

 

Die Geldscheine waren die vierte Notenserie der DDR. Nun hieß es nicht mehr „Deutsche Mark“, sondern „Mark der DDR“. Die Auswahl der Motive folgte denselben Vorstellungen wie schon 1964. Die Vorderseiten zeigen „Kopfbilder von Revolutionären und Repräsentanten, die für gesellschaftlichen Fortschritt und für den Humanismus gewirkt haben“. Die Rückseiten sollten die „Verwurzelung in der Arbeiterbewegung sowie die nationalen Traditionen und die sozialistische Entwicklung in der DDR“ versinnbildlichen.

 

Wer diese Scheine heute in die Hand nimmt, ist über ihr ungewöhnliches Format überrascht. Sie sind zierlich, sogar schmal. Unmodern wirken sie nicht. Die Farben wechseln von kalten zu warmen Tönen. Auch wenn sie nicht richtig knistern können, bestehen sie aus einem griffigen Banknotenpapier. Der Druck erfolgte in Leipzig. Den Kupferstich besorgte die Grafikerin Margot Bitzke. Offiziell hat die Staatsbank die Namen der Gestalter nicht benannt. Dem Volkswitz waren diese Scheine unmittelbar ausgesetzt. So ist zum Beispiel im Mähdrescher auf der Rückseite des 5-Mark Scheins kein Fahrer erkennbar – weil hierfür doch niemand arbeitet.

Die deutsche Währungsunion am 1.7.1990 wurde in der damaligen DDR mit größtem Jubel begrüßt und trotz unermesslicher Transfers von dramatischen wirtschaftlichen Einschnitten begleitet. Die Währungsunion war ein entscheidender Erfolgsgarant für die deutsche Einheit.


Tagesschau vom 1.07.1990


Meine Geschichte: Währungsunion 1990 | Geschichte Mitteldeutschlands | MDR