„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten“

Sandra del Pilar: Malerei

21.07.2024 — 13.10.2024

 

„Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten!“ – so beginnt Bertolt Brechts zwischen 1934 und 1938 verfasstes, 1939 im Exil veröffentlichtes Gedicht „An die Nachgeborenen“, das heute so aktuell ist wie vor knapp 100 Jahren. Vor dem Hintergrund unserer heutigen krisengeschüttelten Zeit, der politisch vielfach ausgerufenen Zeitenwende und dem wiederholt vermuteten Ende der Moderne stellt die Ausstellung die Frage nach der Bedeutung der Malerei. Dazu richtet sie ihr Augenmerk auf die Arbeit von Sandra del Pilar, die im internationalen Kunstbetrieb eine immer größere Sichtbarkeit erlangt, denn immer weniger scheinen autonome Ästhetik und gesellschaftspolitische Positionierung als unvereinbare Gegensätze empfunden zu werden. Im Gegenteil – die junge Generation verlangt förmlich nach Positionierung und gesellschaftlichen Engagement. Hierfür ist das Werk der Künstlerin ein adäquates zeitgenössisches Beispiel.

Die Ausstellung möchte den Blick auf eine interessante Position einer „postautonomen“ Malerei lenken, die selbstsicher und ästhetisch präzise die Themen unserer Zeit ins Bild setzt und reflektiert. Die für die Ausstellung vorgesehene Werkauswahl aus den letzten 20 Jahren soll einen Beitrag dazu leisten, den Begriff der Malerei erneut zu hinterfragen und zu präzisieren, und die Frage aufwerfen, ob das, was uns Gemälde heute zu sagen haben, tatsächlich so ungehört verhallen muss, wie einst der Ruf der antiken Seherin Cassandras.


Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die deutsch-mexikanische Konzeptkünstlerin und Malerin Sandra del Pilar im Spannungsfeld zwischen materieller Sinnlichkeit und inhaltlichem Diskurs. Form und Inhalt empfindet sie ebenso wenig als Gegensätze wie Bauch und Kopf, körperliches Erleben und logisches Denken oder ästhetische Autonomie und gesellschaftspolitische Positionierung. Ihr zufolge entfaltet sich jeder dieser Aspekte erst da vollumfänglich, wo er – im gemalten Bild – mit seinem Komplement zu einer Einheit verschmilzt. Häufig kreisen ihre Themen um die verschiedenen Spielarten der Macht: Macht der Deutungshoheit, Macht der Definition, Macht der Gewalt, Macht asymmetrischer Verhältnisse, Macht des Sichtbarkeitsregimes etc. Nie wird diese Macht „illustriert“, „dargestellt“ oder „abgebildet“. Immer wird sie stattdessen über die technischen Raffinessen ihrer hochkomplexen figurativen Malerei körperlich erlebbar gemacht. Und immer wird auch das Bild selbst als Medium und Schauplatz des „ästhetischen Ereignisses“ mitreflektiert, wenn sie aktuelle Themen aufgreift und in vielteiligen Bilderserien oder breit angelegten, interdisziplinären Projekten zusammenfasst.

Mehr über die Künstlerin und ihr Werk finden Sie auf der Website:
www.sandra-del-pilar.org


Zur Ausstellung entsteht ein Katalog, der sich dem Œuvre der Künstlerin aus unterschiedlichen Perspektiven nähert und Texte u. a. von Prof. Dr. Wolfgang Ullrich (Leipzig) und Prof. Dr. Rainer Metzger (Karlsruhe) enthalten wird. Ein facettenreiches Begleitprogramm soll das Werk der Künstlerin und die Inhalte der Ausstellung insbesondere einem jüngeren Publikum vermitteln.

„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten“

Sandra del Pilar: Malerei

21.07.2024 — 13.10.2024

Kuratorin

Dr. Manja Wilkens

Mit freundlicher Unterstützung