Das Besondere Kunstwerk N° 20

Eine Zierde der vornehmen Tafel

 

26.01.2019 – 02.06.2019

Diese Ausstellung ist bereits abgelaufen.

August Hosse ist der bedeutendste Goldschmied aus Halle (Saale), der mit seinen Arbeiten Auftraggeber in ganz Europa gewinnen konnte. Bekannt sind vor allem die mit üppigen spätbarocken Treibarbeiten geschmückten Humpen. Das elegante Lavabo steht singulär in seinem bis heute bekannten Œuvre. Es ist ein herausragendes Zeugnis für die kreative Wandelfähigkeit des Künstlers, der sich in der Blüte seines Schaffens neuen stilistischen Entwicklungen nicht nur öffnete, sondern sie augenscheinlich auch mitgestaltete. Es belegt die Hinwendung zum Régence-Stil (Zeit der Regentschaft Philipp von Orléans für den minderjährigen König Ludwig XV. zwischen 1715 und 1723). Beide Teile des Services sind in ihren Proportionen aufeinander abgestimmt. Der maßvolle gravierte Dekor ist gekonnt und stimmig ausgeführt und verleiht der Garnitur einen zusätzlichen Glanz.

Die Formen der vorliegenden Helmkanne und der gekehlte Rand des Beckens wurden zwischen 1700 und 1710 entwickelt. Zwei Drittel aller überlieferten Kannen- und Deckel-Garnituren stammen aus Augsburg. Aus Mitteldeutschland ist diese Form, die Augsburger Vorbildern aus den 1720er bis 1730er Jahren folgt, bisher nicht belegt. In Berlin wurde sie erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts gearbeitet.

Ursprünglich dienten Lavabo-Garnituren zur rituellen Reinigung der Vasa Sacra und der Fingerspitzen des Priesters in der Heiligen Messe beziehungsweise als Taufgeschirr. Zur Reinigung der Hände zierten sie im profanen Bereich die festliche Tafel für repräsentative Gastmahle, was eine Dienerschaft voraussetzte. Damit ist das Lavabo sehr wahrscheinlich ein Auftragswerk der Oberschicht.

Das Lavabo konnte 2018 durch das großzügige Engagement der Ernst von Siemens Kunststiftung aus der renommierten Bremer Galerie Neuse für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) erworben werden. Es ermöglicht nicht nur den Blick auf eine bisher völlig unbekannte Facette in Hosses Werk, sondern belegt darüber hinaus die Gebrauchsform der Kanne mit Becken als Toilettengarnitur, die bisher in der Sammlung Kunsthandwerk & Design des Museums noch nicht vertreten war. Das Lavabo bereichert die Sammlung um ein Glanzstück erster Qualität.

 

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