07. Juli 2021

T. Lux Feininger zum 10. Todestag

 

 


Er schafft.
Er schafft enorm […]

Immer von neuem bewundere ich die folgerichtige Einfachheit seines Schaffens, technisch und darstellerisch –
während ich an andere Voraussetzungen gekettet bin, die aus meinen Leinwänden Kampfplätze macht.

 

 
 Brief von Lyonel Feininger an Julia, 11.3.1935 

 

Heute vor 10 Jahren, am 07. Juli 2011, verstarb der Maler Theodor Lux Feininger im Alter von 101 Jahren in Cambridge, Massachusetts. Der dritte und jüngste Sohn des Künstlerpaares Lyonel und Julia Feininger wurde am 11. Juni 1910 in Berlin geboren.

Seit seiner Geburt fand sich Theodor Lux Feininger in einem kreativ geprägten Umfeld aus Personen und Lehrstätten wieder, die seinen Weg zum Maler prägten und begleiteten. Angefangen im elterlichen Umfeld, wo Theodor Lux und seine Brüder Andreas und Laurence viel Zeit im Atelier des Vaters verbrachten, ihn auf Zeichenausflügen an der Ostsee begleiteten, beim Bau von Modellyachten halfen und eigene Drucke anfertigten. Ein Großteil der Drucke entstand zwischen 1918 und 1920, als die Feininger-Söhne im Alter zwischen 10 und 12 Jahren waren.

 

Theodore Lux Feininger: o.T., Blatt 3, 1918, Holzschnitt / Carbon, weiß/gelblich, 71 x 93 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt , Lyonel-Feininger-Galerie, Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt © Estate of T.Lux Feininger

 

Das freiheitliche und kreative Erziehungskonzept der Feiningers schlug sich ebenfalls in der Auswahl der Schulbildung der Söhne nieder. So besuchten Laurence und Theodor Lux unter anderem die „Neue Schule Hellerau“ bei Dresden, nach dem Vorbild der reformpädagogischen „Summerhill“-Schule von Alexander Sutherland Neill, wo die ästhetische Bildung über Schauspiel, Kunst und Musik einen übergeordneten Stellenwert einnahm.

Als Theordor Lux 9 Jahre alt war, zog die Familie Feininger nach Weimar, wo Lyonel Feininger dem Ruf Martin Gropius' folgte, um als Formmeister der Druckereiwerkstatt am Bauhaus vorzustehen. Im Jahr 1926 erfolgte der Umzug der Familie Feininger mit dem Bauhaus nach Dessau. Nachdem schon der älteste Sohn Andreas am Bauhaus Weimar seine Ausbildung erhielt, wurde nun auch der jüngste Sohn, Theodor Lux, als Lehrling aufgenommen.

 


Bauhaus Dessau 1926-1929: Bühnenhandwerk.

Selbststudium:
Fotografie, Malerei, Zeichnung, Design und Takelage von Segelschiffen, Entwicklung der Dampflokomotiven

 

Theodor Lux Feininger, aus dem Lebenslauf für die US-Army, 1942

 

Mit 16 Jahren schrieb er sich zum Wintersemester 1926 in den Vorkurs bei Josef Albers ein und studierte von 1927 bis 1929 bei Oskar Schlemmer. Theodor Lux sagte später selbst, „er wuchs mit und am Bauhaus auf" und durchlief am Bauhaus Dessau mehrere Werkstätten und nahm Unterricht bei nahezu allen Bauhaus-Meistern, ohne sich vorerst auf eine bestimmte Kunstrichtung festzulegen. In den 1920er Jahren experimentierte er vor allem mit der Fotografie und arbeitete unter anderem als Fotograf für den Deutschen Photodienst (DEPHOT). Seine Fotografien von Persönlichkeiten und Situationen am Bauhaus dokumentieren die Zeit dieser Dessauer Jahre, zeigen aber auch die konzeptionelle Auseinandersetzung eines Autodidakten mit diesem Medium. Die Fotografie als neues künstlerisches Format wird zu einem folgenreichen Thema für die gesamte Familie Feininger.

 

 

Während seines Nachdiplomstudiums zwischen 1929 und 1932 begann die Auseinandersetzung mit der Malerei. Mehr noch als bei Andreas Feiningers späteren Fotografien und Lyonels Werken, ist in den Gemälden der 1930er Jahre von Theodor Lux die maritime Welt das vorherrschende Motiv. Mehrmastige Segelschiffe, kleine Kutter und ganze Flotten erinnern an eine vergangene Welt, die nichts mit den kristallinen und scharfkantigen Segelyachten zu tun hat, die Lyonel verbildlichte. Dennoch entstammten die Motive jener alten Zeit, jenen Romanen und Filmen, für die auch Lyonel, ähnlich wie sein Sohn, eine Vorliebe hegte:

 

Theodore Lux Feininger: Café de la Marine, 1931–1932, Öl auf Leinwand, 41,2 x 76,5 cm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Punctum/Bertram Kober © Estate of T. Lux Feininger

Und hinter ihrer Qua­lität als Ma­le­rei­en liegt solch ei­ne Welt von Aben­teu­ern, von einem hef­ti­gen Ver­lan­gen eine für immer ver­lo­ren ge­gan­gene Welt neu zu er­schaf­fen, die Du, wie kein an­de­rer Ma­ler der ameri­kani­schen, ver­flos­se­nen Herr­lich­keit der Schif­fe, Damp­fer, Loko­mo­ti­ven und der nun histo­ri­schen Eisen­bahn, vi­suali­siert hast.

Ich fühle die Schmerz­lich­keit, die hin­ter die­sen Gemäl­den liegt, die völ­li­ge Hin­gabe an jeden Hauch Far­be, den Du in ihrer Voll­en­dung ver­wen­det hast, und die ma­gi­sche Wieder-Er­schaf­fung der charak­teris­ti­schen For­men [...], die mir so sehr ver­traut sind, die Du aber in irgend einem frühe­ren Le­ben ge­sehen zu haben scheinst.

Brief von Lyonel Feininger an T. Lux Feininger, 1943

 

Die Malerei Theodor Lux Feiningers zeigt nichts von dem klassischen „Bauhaus-Stil“, ist keine Weiterentwicklung der väterlichen Kunst und lässt sich auch nicht eindeutig einer „-ismus“-Kunstströmung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingliedern. Der Versuch der kunsthistorischen Einordnung seiner Werke reicht von Neuer Sachlichkeit über Magischen Realismus zum Präzisionismus. Er hat sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet, seine Motive reflektieren Emotionen, Vergangenheit, Träume, Fantasie, Fiktion und Realität in narrativer Manier. Diese malerische Eigenständigkeit traf auf positive Resonanz: Bereits 1931 erhielt er seine erste Einzelausstellung mit Zeichnungen im Verein für Kunst und Kunstgewerbe Erfurt, gefolgt von weiteren Einzelausstellungen in Hamburg und der Galerie Nierendorf in Berlin. Ab 1932 folgte bereits die Teilnahme an diversen internationalen Ausstellungen, unter anderem bei der Carnegie International Exhibition Pittsburgh, der College Art Association in New York und in Cleveland.

 

Theodore Lux Feininger: The N. of the "Narcissus", 1933, Öl auf Leinwand, 50 x 73 cm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Punctum/Bertram Kober © Estate of T. Lux Feininger

 

Aufgrund der politischen Umbrüche in Deutschland siedelte Theodor Lux im Jahr 1932 nach Paris um und emigrierte letztlich 1936 in die Vereinigten Staaten, wo er zunächst in New York als freischaffender Maler weiterarbeitete, bis er von 1942 bis 1945 zum Dienst in der US-Army einberufen wurde. Anschließend nahm er bis 1975 Lehraufträge als Professor für Zeichnen und Malerei an der Harvard University und der Boston Museum of Fine Arts School an. Bereits 1962 zeigte das Busch-Reisinger Museum in Cambridge eine erste Retrospektive seines Schaffens.

 

Theodore Lux Feininger: The First Shot, 1948, Öl auf Leinwand, 35,56 x 63,5 cm, Harvard Art Museums/Fogg Museum, Gift of T. Lux Feininger, in memory of Jeanne Feininger, Foto: President and Fellows of Harvard College © Estate of T. Lux Feininger, https://hvrd.art/o/311565

 

Über 20 Gemälde und Zeichnungen T. Lux Feiningers befinden sich heute im Besitz der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, hauptsächlich Arbeiten seiner Schaffenszeit der 1930er Jahre: 9 Gemälde, 7 Zeichnungen und 2 Aquarelle im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) und 3 Holzschnitte in der Lyonel-Feininger-Galerie, Quedlinburg. Theodor Lux Feiningers Werke sind derzeit in der dauerhaften Samm­lungs­präsen­ta­tion „Wege der Moderne. Kunst in Deutschland 1900–1945“ im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) und in der aktuellen Sonderausstellung „Becoming Feininger“ (27.03.2021 bis 09.01.2022) in der Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg zu sehen.

Weitere Informationen zur SammlungspräsentationWeitere Informationen zur Sonderausstellung „Becoming Feininger“

 

Empfehlungen zur Vertiefung

Publikation

Wolfgang Büche (Hrsg.):
T. Lux Feininger. Von Dessau nach Amerika. Der Weg eines Bauhäuslers


Halle: Staatliche Galerie Moritzburg, 1998

Publikation

Ulrich Luckhardt / Peter Thurmann (Hrsg.):
Welten-Segler. T. Lux Feininger zum 100. Geburtstag. Werke 1929–1942


Köln: Hermann Krause Kunsthandel GmbH, 2010